Man sagt, wer nie einen Fehler macht, hat nie etwas erreicht. Doch so leicht es ist, Fehler zu machen, so schwer – und unangenehm – ist es, sie zuzugeben. Fehler passieren ständig, mal sind es kleinere, mal sind es größere Fehler, manchmal finden wir dadurch den richtigen Weg, und manchmal entfernen wir uns vom richtigen Weg.
Wir können Fehler gegenüber unserem Ehepartner begehen, gegenüber unseren Freunden, Verwandten und Geschwistern. Ich spreche von „Fehlern,“ aber das ist eine schöne Umschreibung für Übertretungen und Sünden, die wir anderen gegenüber begehen, oder die andere an uns begehen.
Unsere Aufmerksamkeit wird auf den „Fehler“ gelenkt, damit wir ihn, wenn möglich, korrigieren können. Begleitet wird diese Erkenntnis von Scham. Scham ist ein unangenehmes Gefühl. Wenn man etwas Falsches getan hat, sollte man sich dafür schämen. Aber manchmal will man das nicht, weil man nicht den Eindruck erwecken will, zu versagen, in Verlegenheit zu geraten oder sich zu blamieren.
Es ist gut, dass wir uns über unsere Fehler im Klaren sind. Aber jetzt müssen wir auch den Willen haben, diese Fehler nicht mehr zu wiederholen, und wir dürfen uns nicht gleichgültig gegenüber unseren Fehlern verhalten.
Wir neigen dazu, entsprechend unseren Vorurteilen zu argumentieren. Wir wissen natürlich, wenn wir beleidigt sind, aber kaum, wenn wir jemand anderen beleidigen. Jeder von uns hat seine spezielle Art, die Umstände zu analysieren oder sich zu rechtfertigen. Was wir denken, erscheint uns zunächst einmal nicht nur richtig, sondern auch vollkommen vernünftig.
Im Hinterkopf halten wir uns, auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen, für etwas Besseres als die anderen, wenn nicht an Wissen, so doch an Charakter und unserer Einstellung! Das Wort Vergebung ist oft auf unseren Lippen, aber selten in unseren Herzen. Wir benutzen Floskeln wie „Entschuldigung“ oder „Verzeihung“ nur aus Gründen der Umgangsformen und der Höflichkeit; sie sind eher bedeutungslos, denn sie haben nichts mit unserem ernsthaften Wunsch zu tun, wirklich um Vergebung zu bitten.
Das Gleiche gilt, wenn wir aufgefordert werden, anderen zu vergeben, für „Fehler“, die sie an uns begangen haben. Wie ernst ist es uns mit unserer „Vergebung“ für andere? Sind wir wirklich bereit, anderen ihre „Fehler“, die sie uns gegenüber begangen haben, von Herzen zu vergeben?
Kennen wir wirkliches Vergeben? Haben wir jemals Vergebung gelernt? Behandeln wir andere so, wie wir wollen, dass sie uns behandeln, auch wenn es um Vergebung geht? „Das weiß ich doch alles“, werden wir vielleicht denken. Aber wir sollten auch danach leben!
Christus sagte: „… wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemanden habt, damit auch euer Vater im Himmel euch eure Schuld vergebe; wenn ihr aber nicht vergebt, so wird auch euer Vater im Himmel euch eure Schuld nicht vergeben“ (Markus 11,25-26). Wir müssen unsere eigenen Fehler und Übertretungen, die wir an anderen begangen haben, wahrhaft bereuen und sie um Vergebung bitten, und wir müssen auch bereit sein, anderen ihre Fehler zu vergeben, wenn es ihnen leid tut und sie uns bitten, ihnen zu verzeihen.
Wir lesen in Matthäus 18, 21-35:
„Da trat Petrus hinzu und sprach zu ihm: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist’s genug siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal. Darum gleicht das Himmelreich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war ihm zehntausend Zentner Silber schuldig. Da er’s nun nicht bezahlen konnte, befahl der Herr, ihn und seine Frau und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und zu zahlen. Da fiel der Knecht nieder und flehte ihn an und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir’s alles bezahlen. Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und ließ ihn frei und die Schuld erließ er ihm auch.
„Da ging dieser Knecht hinaus und traf einen seiner Mitknechte, der war ihm hundert Silbergroschen schuldig; und er packte und würgte ihn und sprach: Bezahle, was du schuldig bist! Da fiel sein Mitknecht nieder und bat ihn und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir’s bezahlen. Er wollte aber nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er bezahlt hätte, was er schuldig war. Als nun seine Mitknechte das sahen, wurden sie sehr betrübt und kamen und brachten bei ihrem Herrn alles vor, was sich begeben hatte. Da befahl ihn sein Herr zu sich und sprach zu ihm: Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast; hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe? Und sein Herr wurde zornig und überantwortete ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt hätte, was er schuldig war. So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Bruder.“
Wir können aus unseren eigenen Fehlern lernen. Wir müssen nicht immer dieselben Fehler wiederholen. Wir können auch aus den Fehlern lernen, die andere in der Bibel gemacht haben. Wir alle machen „Fehler“, das dürfen wir nicht vergessen. Doch wir müssen sie bereuen, und wir müssen auch die „Fehler“, die an uns begangen werden, von Herzen vergeben, wenn sie bereut werden.
Verfasser: Christoph Sperzel