Werden Sie wütend!

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In seiner Autobiographie schildert Herbert W. Armstrong ein eindrucksvolles Beispiel von jemandem, der in der Öffentlichkeit eine Angriffsrede halten sollte. Beginnend mit Seite 249, erklärt Herr Armstrong, dass er seinen Freund fragte: „Was ist es, das du am meisten hasst?“ und fuhr fort: „Er schien überhaupt nichts zu hassen… Es gab absolut nichts, was ich finden konnte, worüber er wirklich WÜTEND war.“ Dann jedoch kam es zu gewissen Ereignissen, deren Zeuge sein Freund wurde, und infolgedessen „war er plötzlich völlig aufgebracht.“ Als er dann begann, im Beisein von Herrn Armstrong seine Rede zu proben, beschrieben seine „Worte in lebendiger Sprache genau das, was er jetzt fühlte… SIE WAREN FURCHTBAR EINLEUCHTEND!… ES WAR KRAFTVOLL und voller ÜBERZEUGUNG!“

Als sein Freund dann an der Reihe war, im Rahmen eines Wettbewerbs seine erste öffentliche Angriffsrede zu halten, beschreibt Mr. Armstrong die Ereignisse wie folgt: „Er vergaß seine Nervosität, die ihn am Anfang gepackt hatte. Er dachte nur noch an die empörenden Ungerechtigkeiten, die er mit eigenen Augen gesehen hatte… Er MEINTE wirklich, was er sagte – und ER HATTE ETWAS ZU SAGEN!“ Somit gelang es ihm, den Sieg in dem Wettbewerb davonzutragen. Später wurde er „der erste Präsident des Ambassador College und dessen erster Dozent für Reden in der Öffentlichkeit.“

Ich habe sehr oft über diese Episode nachgedacht. Bei meiner langjährigen Teilnahme in Rednerclubs in Deutschland und den USA konnte ich Teilnehmer beobachten, die sich ebenso verhielten, wie es der Freund von Herrn Armstrong zu Anfang tat; sie schienen überhaupt nichts zu hassen, waren über nichts verärgert und hielten daher keine bedeutungsvolle und überzeugende Angriffsrede.

Wir in den Kirchen Gottes müssen lernen, das zu hassen, was falsch ist, und wir dürfen nicht ängstlich oder zu zaghaft sein, dieser Wut und diesem Hass zu gegebener Zeit Raum zu geben und Ausdruck zu verleihen. Manche vertreten die Ansicht, es sei unchristlich, zornig zu werden. Sie missverstehen vollkommen, was uns die Bibel lehrt. Gewiss, wir werden davor gewarnt, menschlichen Zorn zu hegen, der nicht tut, was vor Gott recht ist (Jakobus 1,20). Aber wir wissen ebenfalls, dass Christus—als er im Fleisch auf Erden lebte—zornig wurde, als er die Härte der verstockten Herzen der Menschen sah (Markus 3,5). Und sowohl Christus als auch Johannes der Täufer nahmen kein Blatt vor den Mund, als sie sich an bestimmte heuchlerische Führer wandten und über sie sprachen (Matthäus 12,34; 23,17.23-29.33; 3,7). Zuweilen sprach Christus mit Sarkasmus über sie, um seinen Standpunkt noch deutlicher zu machen (Lukas 13,31-32).

Insbesondere Gottes wahren Predigern obliegt eine gottgegebene Pflicht, wenn sie sich an ein sündiges und schuldbeladenes Volk wenden; an ein boshaftes Geschlecht und verderbte Kinder (Jesaja 1,4); an ein Volk, dessen ganzes Haupt krank und dessen ganzes Herz matt ist (Vers 5); und an dem von der Fußsohle bis zum Haupt nichts Gesundes ist (Vers 6); getrost zu rufen und nicht an sich zu halten; seine Stimme wie eine Posaune zu erheben und dem Volk seine Abtrünnigkeit und dem Hause Jakob seine Sünden zu verkündigen (Jesaja 58,1). Um diese Aufgabe erfüllen zu können und dem Volk und den politischen und religiösen Führern ihren erbärmlichen Zustand und ihr schreckliches Schicksal anzuzeigen, müssen wir voll Kraft, voll Geist des Herrn sein (Micha 3,8).

Um unserer Verantwortung wirkungsvoll und überzeugend nachzukommen, müssen wir selbst Zorn und Hass empfinden auf die Ungerechtigkeit, die Bosheit, die Auflehnung gegen Gott und die Lügen und Verdrehungen, die wir täglich beobachten, und zwar von höchster Ebene, angefangen bei den Häuptern des Hauses Jakob und den Herren im Hause Israel, die das Recht verabscheuen und alles, was gerade ist, krumm machen (Micha 3,9). Dieser Zorn muss sich in unserem Reden und Schreiben widerspiegeln, wenn wir überzeugend sein wollen. Wenn wir über das schreckliche sündige Verhalten unserer Führer und des Volkes sprechen und unsere Wut und unsere tiefe Empörung nicht überzeugend zum Ausdruck bringen, dann werden wir niemanden aufwecken (Epheser 5,14).

Verfasser: Norbert Link

Ursprüngliche Übersetzung: Daniel Blasinger