Vor kurzem unternahm ich eine ausgedehnte Fahrradtour, so wie ich es im Sommer zu tun pflege, und wurde Zeuge eines kleinen Unfalls, als ich den letzten Hügel hinunterfuhr. Ein Mann, anscheinend etwa Mitte dreißig, stand auf halbem Weg den Hügel hinunter neben seinem Fahrrad am Straßenrand. Der felsige Untergrund, auf dem er stand, war leicht abschüssig, wodurch er das Gleichgewicht verloren hatte und rückwärts zu Boden gestürzt war. Wäre er auf eine grasbewachsene Fläche gefallen, so wäre es sicherlich kein schwerer Sturz gewesen. Der Boden war jedoch sehr steinig, und obwohl ich es nicht mit Sicherheit sagen konnte, so war es doch leicht vorstellbar, dass er sich verletzt haben könnte. Ich hatte etwa fünf bis zehn Sekunden Zeit, um zu reagieren – genügend Zeit, um anzuhalten und zu helfen. Aber ich tat es nicht. Ich verlangsamte leicht meine Fahrt und schaute nach hinten, nachdem ich vorbeigefahren war, und sah, dass ein Auto hinter mir angehalten hatte. Die Leute in jenem Fahrzeug hatten aus Sorge um diesen Fremden gehandelt. Ich hatte es jedoch nicht getan, und zwar aus mehreren Gründen, die im Wesentlichen auf ein schlechtes Urteilsvermögen hinauslaufen.
Ich habe an diesem Tag eine große Lektion gelernt. Meine Reflexe, zu helfen und Liebe für meine Mitmenschen auszudrücken, brauchen ein wenig Übung. Das bekannte Gleichnis vom barmherzigen Samariter kam mir sofort in den Sinn (vergleichen Sie Lukas 10,25-37). In diesem Bericht stellt ein Schriftgelehrter Jesus Christus auf die Probe und fragt ihn, wer sein Nächster sei, den zu lieben er verpflichtet ist. Jesus antwortet, indem er ein Gleichnis von einem Mann erzählt, der halbtot am Straßenrand liegt und an dem sowohl ein Priester als auch ein Levit einfach vorübergehen. Der Samariter jedoch sieht den verletzten Mann und erweist ihm die dringend benötigte Barmherzigkeit und bietet seine Hilfe an. Die Antwort, wen wir zu lieben verpflichtet sind, formuliert Jesus in Form einer Frage an den Schriftgelehrten. „Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste gewesen dem, der unter die Räuber gefallen war? Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da sprach Jesus zu ihm: So geh hin und tu desgleichen!“ (Lukas 10,36-37). Es war der Samariter – dieser verachtete Fremdling –, der sich als liebevoller Nächster erwies und mit Liebe und Barmherzigkeit für den verletzten Mann am Straßenrand handelte. Dies ist das Beispiel, dem wir nachfolgen sollen, so wie es Jesus Christus uns gebietet.
Die direkten Parallelen dieses biblischen Berichts zu dem Unfall, den ich miterlebt habe, belasten noch immer mein Gewissen. Ich kann zwar nicht in die Vergangenheit zurückgehen, um eine bessere Entscheidung zu treffen, aber ich kann diese Erfahrung nutzen, um meine Entscheidungen in Zukunft zu verbessern. Auch wenn es in dieser Geschichte um mein eigenes Bedauern geht, so glaube ich doch, dass die Lektionen, die ich gelernt habe, allgemein anwendbar sind. Wir alle wollen die Person sein, die makellose und tugendhafte Entscheidungen trifft. Aber wir alle sind unvollkommen. Wir alle machen Fehler. Wir alle verpassen Gelegenheiten für Barmherzigkeit. Wir alle können es besser machen. Und genau darum geht es in diesem Artikel – besser darin zu werden, rechtschaffene Entscheidungen zu treffen, und instinktiv, ohne jegliches Zögern, nach ihnen zu handeln.
In einer Versammlung der Church of the Eternal God (Kirche des Ewigen Gottes) in den USA am 26. Juni 2021 traf Evangelist Norbert Link während einer Kurzpredigt und einer Predigt äußerst nachdrückliche Aussagen https://www.youtube.com/watch?v=MWwobquIF8A und https://www.youtube.com/watch?v=h-0NUIulZLc. Er betonte, wie wichtig es ist, Dringlichkeit und Eifer in unserem Leben an den Tag zu legen, da die uns verbleibende Zeit bis zur Wiederkunft Jesu Christi schnell voranschreitet.
Die Frage, die wir uns alle stellen sollten, lautet: „Was bedeuten Dringlichkeit und Eifer für mich persönlich?“ Selbstverständlich werden unsere jeweiligen Antworten allesamt persönlicher Natur sein. Aber auf welche Weise auch immer wir Dringlichkeit und Eifer in die Tat umsetzen, wir sollten damit unsere Bereitschaft für die Wiederkunft Christi demonstrieren, und zwar genau so, als würde sie IN DIESEM MOMENT geschehen. (Wir wissen natürlich, dass Christus nicht „heute Nacht“ zurückkommen kann, da bestimmte Prophezeiungen noch erfüllt werden müssen. Jedoch muss die Dringlichkeit, sich vorzubereiten, in uns manifestiert werden. Denn wenn wir heute sterben würden, so würden wir Christus in der nächsten Sekunde unseres Bewusstseins gegenüberstehen, in dem Augenblick unserer Auferweckung).
Was haben Dringlichkeit und Eifer nun mit einer verpassten Gelegenheit zu tun, einem Fremden zu helfen, der in den Straßengraben gefallen ist? Ganz einfach, unsere Bereitschaft für die Wiederkunft Christi bedeutet, dass wir aktiv, kontinuierlich, in jedem Augenblick und ohne zu verzagen an der Erfüllung unserer christlichen Bekehrung arbeiten. Wenn sich uns eine Gelegenheit bietet, gerecht zu handeln, so nehmen wir diese wahr, ohne zu überlegen, welche Unannehmlichkeiten uns das bereiten könnte. Wenn uns die Aufforderung präsentiert wird, Christus nachzufolgen und am Werk der Kirche mitzuwirken, so würdigen wir die Tragweite dieser Gelegenheit und handeln danach (vergleichen Sie Matthäus 4,18-22). Wenn wir die Entscheidung treffen müssen, unseren weltlichen Besitz in einem Augenblick zurückzulassen, so zögern wir nicht, es zu tun (vergleichen Sie Lukas 17,31). Die Priorisierung der Entwicklung geistlicher Frucht vor jeglichem weltlichen Nutzen ist die Art und Weise, auf die Dringlichkeit und Eifer manifestiert werden. Dringlichkeit funktioniert nicht, wenn man nur herumsitzt und andere Möglichkeiten abwägt. Und Eifer funktioniert nicht, wenn man ausschließlich Gedanken hegt, ohne jedoch danach zu handeln. Diese Lebensweise muss für uns im Mittelpunkt stehen und alle unsere Gedanken und Handlungen leiten, wenn wir für die Wiederkunft Jesu Christi bereit sein wollen.
Dringlichkeit und Eifer klingen nach großartigen Charaktereigenschaften, aber wie entwickeln und kultivieren wir diese Geisteshaltung und dieses Verhalten? Die Antwort ist äußerst einfach: Übung, Übung, Übung! „Kinder, lasst euch von niemand verführen! Wer die Gerechtigkeit übt, der ist gerecht, gleichwie Er gerecht ist“ (1.Johannes 3,7; Schlachterbibel). Wenn wir uns in Gerechtigkeit üben, dann stärken wir unsere Fähigkeit, instinktiv mit Gerechtigkeit zu reagieren. Denken Sie daran, dass wir Menschen aus Fleisch und Blut sind, fleischliche Wesen. Aus diesem Grund ist es keineswegs selbstverständlich, auf geistliche Dinge zu achten und geistliche Früchte zur Reife zu bringen. Nur durch geistliche Übung werden wir in der Lage sein, uns darauf vorzubereiten, den Eifer und die Dringlichkeit zu erlangen, die uns für die Wiederkunft Christi bereit machen.
Übung, man könnte in der Analogie der Reflexe auch Training sagen, spielt sich in den geringen Dingen ebenso ab wie in den großen Dingen. „Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten ungerecht ist, der ist auch im Großen ungerecht“ (Lukas 16,10). Die Gelegenheit, unseren Eifer zum Ausdruck zu bringen, können wir auf unzählige Arten wahrnehmen. Es könnte die Art sein, wie wir unsere Familienmitglieder behandeln oder wie wir mit einem Kellner in einem Restaurant umgehen. Es könnte die größeren Entscheidungen hinsichtlich unserer Verpflichtungen im Leben betreffen, oder ganz einfach, wie wir reagieren, wenn wir jemanden in Not sehen. Auf welche Weise auch immer wir diese Geisteshaltung und Verhaltensmuster üben, unser Ziel ist es, eine unmittelbare, durch geistliche Motivationen geleitete Reaktion anzustreben, so dass sie mehr und mehr zu einem Reflex wird. Wir werden sicherlich auf diesem Weg der Übung auch stolpern, aber all das hilft uns dabei, zu lernen.
Und wenn wir uns nicht in Gerechtigkeit üben, dann bereiten wir uns nicht so vor, wie Jesus es uns aufgetragen hat. Die Konsequenzen, wenn wir es versäumen zu üben, sind furchtbar. Aber wir wurden nicht zu diesem Lebensweg berufen, um zu versagen. Wenn wir aktiv daran arbeiten, Gott durch Gehorsam zu gefallen und aktiv Gerechtigkeit zu entwickeln, dann können wir sicher sein, dass wir bereit sein werden, wenn Christus wiederkommt.
Verfasser: Eric Rank
Ursprüngliche Übersetzung: Daniel Blasinger