Dürfen wir Nahrungsmittel verzehren, die unreine Insekten enthalten?

Drucken

Vor allem in Teilen Europas gibt es eine anhaltende Debatte über den Verzehr von Insekten bzw. Nahrungsmitteln, die Bestandteile von unreinen Insekten enthalten.

In einem Artikel in Report24 vom 16. Januar 2023 wird darauf hingewiesen:

„Der Blick auf die Zutatenliste sollte zum Lebensmitteleinkauf dazugehören. EU-Bürger, die nicht unwissentlich Insekten zu sich nehmen wollen, sollten es dabei besonders genau nehmen: Die EU-Kommission hat nämlich mittlerweile bereits vier Insektenarten in unterschiedlichen Verarbeitungsformen als ‘Speiseinsekten‘ zugelassen. Die jüngste Zulassung erfolgte am 5. Januar: Fortan darf nach Mehlwürmern, Heuschrecken und Grillen auch der Getreideschimmelkäfer als Zutat in Lebensmitteln wie Brot, Suppen, Nudeln, Snacks, Erdnussbutter und Schokoladenerzeugnissen verwendet werden.“

Die deutsche Website der Europäischen Kommission veröffentlicht folgende Informationen zum Thema Insekten in Lebensmitteln: die Fakten (europa.eu):

„In der Europäischen Union sind vier Insekten als Lebensmittel zugelassenAls erstes Insekt hatte im Mai 2021 der getrocknete gelbe Mehlwurm die Zulassung erhalten. Zuletzt hatte die Kommission per Durchführungsverordnung 2023/5 ‚teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille)‘ für den EU-Markt autorisiert. Lebensmittel, die Insekten enthalten, müssen das in ihrer Zutatenliste klar und verständlich aufführen. Auch der Hinweis, dass allergische Reaktionen bei Menschen mit einer Allergie gegen Krebs- und Weichtiere sowie gegen Hausstaubmilben möglich sind, muss in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste aufgeführt sein. Bei der Zulassung greifen die EU-Regeln zu neuartigen Lebensmitteln…

„Bisher hat die Europäische Kommission vier Zulassungen für Insekten als Lebensmittel erteilt: den Mehlwurm, die Wanderheuschrecke, den sog. Buffalowurm [unsere Anmerkung: Buffalowürmer sind die Larven des glänzendschwarzen Getreideschimmelkäfers] – sowie im Februar 2022 für die Hausgrille (Acheta domesticus) und im Januar 2023 für teilweise entfettetes Pulver aus der Hausgrille…

„Es muss klar gekennzeichnet sein, dass ein Lebensmittel ein Insekt enthält (mit lateinischen und deutschen Namen) und auch, in welcher Form (also zum Beispiel als Pulver). Entsprechende Allergiehinweise sind ebenfalls Pflicht…“

In einem unserer F&As haben wir auch den Verzehr von Heuschrecken und Grillen behandelt. https://www.ewigengottes.de/2023/02/03/sind-heuschrecken-und-grillen-reine-tiere-die-verzehrt-werden-koennen/

Wie sollten wir uns angesichts dieser Informationen zum Verzehr von Nahrungsmitteln verhalten, die unreine Insekten enthalten? In unserer F&A “Verstößt die Verwendung von Arzneimitteln, Vitaminen und Mineralstoffen, die von unreinen Tieren stammen, gegen das biblische Verbot des Verzehrs von unreinem Fleisch? Ist es eine Übertretung, Gelatineprodukte zu verwenden, die aus Teilen von unreinen Tieren gewonnen werden?” haben wir festgestellt:

„Selbst wenn man von Gelatine absieht, die in Arzneimitteln, Vitaminen oder Mineralien verwendet wird, wurden auch andere Produkte, die Gelatine enthalten, durch einen orthodoxen Rabbiner als koscher zertifiziert, obwohl sie auch aus den Häuten vom Schwein gewonnen wird. Diese Zertifizierung beruhte auf der Überzeugung vieler, dass bei der Herstellung von Gelatine die Struktur des ursprünglichen Materials eine vollständige Veränderung oder Metamorphose erfährt, wodurch der eigentliche Ursprung nicht mehr identifizierbar ist. Die U.S. Food and Drug Administration deklariert Gelatine nicht als ein Fleischprodukt.“

Es könnte jedoch ein Unterschied zwischen Gelatineprodukten und bestimmten Produkten bestehen, die unreine Insekten enthalten.

Gelatine wird aus Haut, Knochen, Sehnen und Knorpeln hergestellt. Sie wird durch Hydrolyse gewonnen, einen umfangreichen, langwierigen und komplexen Herstellungsprozess. Bei der Hydrolyse werden chemische Verbindungen durch Verabreichung von Wasser in kleinere Moleküle aufgespalten, wobei es auch zu einer Reinigung kommt. Bei der Herstellung von ‚Insektenmahlzeiten‘ dagegen ist der Prozess weitaus einfacher: Die Insekten werden lediglich aufgezüchtet, eingefroren, getrocknet und gemahlen. Auf diese Weise werden sämtliche Bestandteile aus dem Körper des unreinen Insekts zu Mehl verarbeitet. Mit anderen Worten: Das vollständige Insekt oder der größte Teil davon wird verzehrt, ohne nennenswerte oder bedeutende chemische Umwandlung.

Andererseits, ab wann wird aus unreinen Insekten eine Nahrungsquelle? Wenn sie eigens gezüchtet werden, um Teil von verschiedenen Nahrungsmitteln zu sein, dann beinhalten sie genau jene Bestandteile, die vermieden werden sollten. Unzählige Lebensformen sterben und zersetzen sich schließlich in der Erde, und daraus wachsen saubere, essbare Pflanzen. Kühe und andere essbare Tiere verzehren zwangsläufig unreine Insekten. Allerdings ist deren Nahrungsquelle mitnichten das, was wir auf direktem Wege zu uns nehmen. Die Milch einer Kuh kommt nicht mit einer Zutatenliste zu uns, sondern die Kuh wandelt ihre Nahrung in Milch um.

Wir sind der Meinung, dass mit unreinen Zutaten deklarierte Nahrungsmittel, die im Gegensatz zu Gelatineprodukten keinen „Veränderungsprozess“ durchlaufen, grundsätzlich abgelehnt werden sollten. Das wiederum bedeutet, dass wir solche Produkte nach Möglichkeit meiden sollten – indem wir uns die Inhaltsstoffe ansehen und uns, wenn möglich, erkundigen, ebenso wie wir in Restaurants nachfragen, ob die Bohnen oder Rotkohl mit Schmalz (Schweinefett) zubereitet werden; oder wie wir uns in thailändischen, chinesischen und vietnamesischen Restaurants erkundigen, ob deren Gerichte mit Austernsauce zubereitet werden.

Was genau in den Nahrungsmitteln enthalten ist, die wir zu uns nehmen, ist allerdings schwer zu sagen. Bei Nahrungsmitteln und Getränken, auf denen zu lesen ist, dass sie bestimmte Zutaten enthalten „können“, ist das nicht ganz eindeutig und wirft weitere Fragen auf: Woher können wir mit Sicherheit wissen, was enthalten ist, und wie weit wollen wir gehen, wenn wir beim Essen nach einer Zutatenliste fragen? Wir müssen ausgewogen sein (Matthäus 23,24 kommt dabei in den Sinn), und letztlich liegt die Entscheidung bei uns individuell, ob und unter welchen Umständen wir die Produkte zu uns nehmen. Dabei müssen wir bedenken, dass wir niemals etwas essen oder trinken oder etwas tun dürfen, was unser Gewissen verletzten würde, wenn wir meinen, damit Gottes Wort zu übertreten. Haben wir jedoch unseren Teil getan, dann können wir den Rest getrost Gott überlassen, der uns auch beschützen kann, wenn wir versehentlich etwas verzehren, das unrein ist.

Wir sollten auch verstehen, dass wir in einem solchen Fall keineswegs sündigen oder in den Augen Gottes „unrein“ werden (vergleichen Sie Markus 7,15-19; beachten Sie jedoch, dass der letzte Satz in Vers 19 in der Lutherbibel völlig falsch wiedergegeben wird und wie folgt übersetzt werden sollte: „… es wird in die Grube ausgeschieden, die alle Speisen reinigt.“ Die Schlachterbibel schreibt: „Denn es kommt… in den Bauch und wird auf dem natürlichen Weg, der alle Speisen reinigt, ausgeschieden.“ Vergleichen Sie ebenfalls Matthäus 15,17-20).

Ein interessantes Beispiel ist die kurze Betrachtung von Karmin (E120) und Schellack (E904). In einem Artikel der BBC vom 28. April 2018 heißt es: „Wenn Ihnen der Gedanke an den Verzehr von Insekten ein Graus ist, dann lautet die schlechte Nachricht, dass Sie das wahrscheinlich schon viele, viele Male getan haben. Das liegt daran, dass einer der am häufigsten verwendeten roten Lebensmittelfarbstoffe – Karmin – aus zerkleinerten Käfern hergestellt wird… Karmin ist ein wesentlicher Bestandteil der weltweiten Nahrungsmittelindustrie und wird zahlreichen Produkten zugesetzt, angefangen mit Joghurt und Eiscreme bis hin zu Obstkuchen, Softdrinks, Muffins und Donuts.“

Karmin wird mittels Hitzetrocknung aus den Cochenille-Schildläusen gewonnen. Nachdem diese vollständig entwässert sind, werden sie anschließend zu Pulver zermahlen. Das Pulver wird dann in Wasser unter Zusatz von etwas Schwefelsäure gekocht, wodurch die Karminsäure extrahiert wird, die in den pulverisierten Insekten enthalten ist. Unter Verwendung von Chemikalien werden die in der Flüssigkeit enthaltenen Farbstoffe und tierischen Bestandteile zu einem roten Pigment ausgefällt. Karmin (E120) wird weltweit als natürlicher Lebensmittelfarbstoff tierischen Ursprungs verwendet und findet breite Anwendung. Karmin ist dafür bekannt, dass es allergische Reaktionen hervorrufen kann.

Die Karminsäure, in der Regel 17-24% des Gewichts der getrockneten Insekten, kann aus dem Körper und Eiern der Läuse extrahiert werden und wird dann mit Aluminium- oder Kalziumsalzen gemischt, um den Karminfarbstoff, auch Cochenille genannt, herzustellen. Einige sind der Meinung, dass dieser Farbstoff nicht koscher ist, und empfehlen, sich die Liste der Inhaltsstoffe anzusehen. Dort könnte „echtes Karmin“, „Karminrot“ oder einfach E120 stehen, die Klassifizierungsnummer der Europäischen Union für Karmin als Lebensmittelzusatzstoff. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass der Cochenille-Farbstoff in Nahrungsmittelqualität durch eine Vielzahl von Filtern geleitet wird, um Insektenbestandteile zu entfernen.

E 904, der so genannte Schellack, wird auf Bäumen in den Wäldern Indiens und Thailands gewonnen und entstammt zum Teil der weiblichen Lackschildlaus. Jüdische Rabbiner führen jedoch zahlreiche Gründe an, warum er koscher und erlaubt ist. Erstens wird Schellack nicht aus der Laus selbst, sondern aus den Bäumen gewonnen, ähnlich wie der Honig einer Biene. Ein weiterer Grund ist, dass Schellack ein ungenießbares Sekret ist, das von dem Insekt stammt. Schellack kann nicht verdaut werden und wird deshalb nicht als Nahrungsmittel betrachtet; man könnte es mit dem Essen eines Steins vergleichen.

Wir sind der Ansicht, dass Produkte, die Karmin und Schellack enthalten, aufgrund ihrer Beschaffenheit und des damit verbundenen Herstellungs- bzw. Gewinnungsprozesses ähnlich wie Gelatineprodukte behandelt werden könnten.

In unserem F&A zu Gelatineprodukten kamen wir zu folgendem Schluss:

„Jeder Christ muss für sich selbst entscheiden, ob und unter welchen Umständen er die hier beschriebenen Produkte zu sich nehmen will. Es stimmt zwar, dass das Reich Gottes nicht Essen und Trinken ist (Römer 14,17), und dass es ‚nichts [gibt], was von außen in den Menschen hineingeht, das ihn unrein machen könnte‘ (Markus 7,15), aber das Verbot des Verzehrs von unreinem Fleisch gilt nach wie vor uneingeschränkt…

„Wir müssen uns alle bemühen, unser Leben nach den uns offenbarten biblischen Bestimmungen auszurichten. Wie Jesus Christus bei der Anwendung von Gottes Wort so zutreffend erklärte, hatten die religiösen Führer seiner Zeit die Menschen mit unerträglichen Lasten zahlreicher Dinge beladen, die man ‚tun und lassen sollte‘, so dass der Weg Gottes behindert wurde. Während wir in der Kirche Gottes nach einem richtigen Gleichgewicht streben, müssen wir alle Gottes ständige Führung suchen, damit wir nur das tun, was in seinen Augen wohlgefällig ist.“

Verfasser: Norbert Link, mit Beiträgen der Predigerschaft in den USA, Kanada, dem Vereinigten Königreich, Australien und Deutschland.

Ursprüngliche Übersetzung: Daniel Blasinger